Witziger Job: Wie Chrissi Buchmasser in der Babykarenz Kabarettistin wurde

Das Leben ist manchmal ein Witz. Als junge Mutter erobert Chrissi Buchmasser die Kabarettbühnen im Sturm. Kurz vor der Geburt ihres zweiten Kindes plauderten wir mit ihr über Comedy-Quotenfrauen, die Fluchtgefahr von Schmähs, nette und unfrei­willige Kollegen und den steirischen Dialekt als fruchtbaren komödiantischen Nährboden.

Witziger Job: Wie Chrissi Buchmasser in der Babykarenz Kabarettistin wurde

Das Leben ist manchmal ein Witz. Als junge Mutter erobert Chrissi Buchmasser die Kabarettbühnen im Sturm. Kurz vor der Geburt ihres zweiten Kindes plauderten wir mit ihr über Comedy-Quotenfrauen, die Fluchtgefahr von Schmähs, nette und unfrei­willige Kollegen und den steirischen Dialekt als fruchtbaren komödiantischen Nährboden.

Chrissi, warum hast du dich entschieden, mit über 30 Jahren und direkt nach dem ersten Baby in einen Gesundheitsberuf einzusteigen?

Welchen Gesundheitsberuf?

Ist nicht Lachen manchmal die beste Medizin?

Stimmt, Lachen kann uns über schwierige Momente hinweghelfen oder zumindest neue Perspektiven schaffen. Aber weiter würde nicht gehen, das grenzt dann an Scharlatanerie.

Du warst in der PR tätig und hast in der Babypause das Kabarett zum Beruf gemacht. War irgendwas davon geplant?

Die Schwangerschaft war schon geplant! Dass ich einmal Kabarett probieren will, ebenso. Dass beides zeitlich zusammentrifft, war Zufall. Als ich mich für den Grazer Kleinkunstvogel beworben habe, war ich noch nicht schwanger, wegen Corona wurde der Auftritt zweimal verschoben. Dann war das Baby schon da.

Den Kabarettpreis Kleinkunstvogel hast du mit einem deiner ersten Auftritte gewonnen. Schlummerten die Gags immer schon in dir?

Die Gags vielleicht nicht, aber der Hang zum Komischen. Ich wollte Kabarett machen, lange bevor ich den ersten Witz geschrieben habe.

Hat dir dabei geholfen, dass du vorher in der PR tätig warst? Ist beides quasi Schmähführen auf hohem Niveau?

Ich war ein kleines Fischchen in einem großen Konzern. Aber mein Chef hat damals erkannt, dass ich gern schreibe, und hat das gefördert. Das hat sicher geholfen, die Angst vor dem leeren Blatt zu überwinden.

Mit welcher Art Gags macht man die einfachsten Punkte?

Der lohnendste Weg ist ein Thema, mit dem sich jeder identifizieren kann. Wo jeder zum Sitznachbarn sagt: „Das ist bei uns auch so, gell?“ Aber ich will Botschaften einbauen, wo das Publikum etwas mit Mehrwert mit heimnimmt. Das ist die Gratwanderung: Ist das dann noch lustig genug?

Ich wollte schon Kabarett machen, lange, bevor ich den ersten Witz hatte.

Chrissi Buchmasser

Ist Comedy ein gutes Vehikel, um ernste Themen unter die Leute zu bringen?

Kabarett muss lustig sein. Sonst könnte ich einen Vortrag halten. Aber ich habe schon den Anspruch, die Bühne zu nutzen, um Themen zu kommunizieren, die mir wichtig sind. Durch Humor lassen sich andere Sichtweisen leichter verdauen.

Damit hast du dein eigenes Satire-Genre erfunden, indem du Witze reißt über Probleme im System der Kinderbetreuung und den Organisationssalto einer jungen Mutter, die viel unterwegs ist …

Mittlerweile gibt es zum Glück junge Mütter in der Comedy, die darüber reden – Isabell Pannagl, Hazel Brugger, Carolin Kebekus ... Aber das ist neu. Für mich war die Inhaltswahl naheliegend, dass ich darüber rede, was ich gerade erlebe. Ich könnte über Vorstadtleben und Thujenhecken reden, aber das wäre in meiner aktuellen Lebenssituation nicht authentisch.

Wie hältst du deine Gags fest, damit sie nicht nach dem Windelwechseln wieder fort sind?

Letztens dachte ich beim Duschen, ich brauche dringend ein wasserfestes Diktiergerät! Wann hast du Zeit zum Nachdenken? Meistens in Momenten, wo du nichts aufschreiben kannst. Aber wenn ein lustiger Gedanke nicht hängen bleibt, war er wahrscheinlich nicht gut genug.

Deine Bühnen werden größer. Bist du vor Auftritten noch nervös?

An Auftrittstagen bin ich hibbelig, aber meist aus Stress, um Kind und Kegel unter einen Hut zu bringen. Nervosität kommt vor dem Auftritt auf, wenn ich merke: Ich muss da jetzt die drei Stufen rauf, das wird jetzt kein anderer für mich machen.

Du hast im Ö3-Wecker satirisch die Steiermark erklärt. Welche Rolle spielt deine Herkunft in deiner Arbeit?

Ich bin jetzt nicht die Prototyp-Steirerin, die nur regionale Witze erzählt. Aber: Natürlich prägt dich deine Herkunft. Zu Beginn habe ich geglaubt, nach der Schrift sprechen zu müssen. Aber das ist Teil des Prozesses, sein authentisches Bühnen-Ich zu finden. Mittlerweile rede ich im Dialekt und versuche das nicht mehr zu verbergen.

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Ist unser Dialekt ein unerschöpflicher Kabarettfundus?

Sprache ist lustig. Wir leben in einem kleinen Land und verstehen uns dennoch oft nicht. Damit kann sich jeder identifizieren, das ist ein guter komödiantischer Nährboden.

Welches steirische Wort ist dein Lieblingswort?

Es ist nicht mein Lieblingswort, aber: Kernöl ist von der Sache und von der Aussprache her der Prototyp eines guten steirischen Wortes. Und wenn mein Mann aus Oberösterreich das sagt, klingt es noch immer wie eine Fremdsprache. Und das ist schon arg in so einem kleinen Land.

Die niedrige Frauenquote im Kabarett ist bei dir immer wieder Thema. Fühlst du dich als Quotenfrau?

Ich hatte einige Chancen und Auftritte, weil ich eine Frau bin. Im TV zum Beispiel. Das ist vielleicht unfair gegenüber männlichen Kollegen, die das länger machen und nie eingeladen wurden. Aber: Du musst dann als Frau auch abliefern. Es war vorher lang unfair gegenüber Frauen. Da muss es vorübergehend in die andere Richtung ausschlagen, damit es auf lange Sicht ins Gleichgewicht kommt.

Denkst du dir oft, dein Beruf ist in Gefahr, weil er von der Realität eingeholt wird, Stichwort Innenpolitik?

Ich sehe das eher als Entgegenkommen. Vor allem in Österreich passieren oft so aberwitzige Sachen. Da ist es oft schwierig, auf eine Sache, die schon so grundlustig ist, noch einen Witz draufzulegen. Aber ja, man könnte auch sagen: Herr Kickl ist ein Kabarettkollege von uns.

 

Kernöl ist von der Sache und von der Aussprache her der Prototyp eines guten steirischen Wortes. Wenn mein Mann aus Oberösterreich das sagt, klingt es wie eine Fremdsprache.

Chrissi Buchmasser

Apropos: Wie verträgt sich die Kabarettbranche untereinander?

Ich habe bisher nur nette Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Ich dachte, wenn man Bühnen-Comedy macht, muss man ein bestimmter Schlag Mensch, ein extrovertierter Performer sein – das hat mich lange abgehalten. Aber je mehr Leute ich kennengelernt habe, desto unterschiedlicher waren die Charaktere. Durch die Auftritte mit Thomas Stipsits habe ich die Chance auf große Bühnen bekommen, dafür bin ich sehr dankbar.

Wo sind deine Lieblingsplätze in der Steiermark zu finden?

Ich wohne in Graz und nach 15 Jahren finde ich immer noch Gefallen an Plätzen, an denen ich schon oft vorbeigegangen bin. Mit Kind entdeckt man viele Orte und Wege neu. Natürlich komme ich gern zurück in meine frühere Heimat. Als Jugendliche denkt man: Das Leben am Land schränkt dich ein. Aber wenn man in der Stadt wohnt, weiß man es zu schätzen, wenn man wohin zurückkehrt, wo man Luft holen kann und Aussicht hat.

Du bist im Zug oder Bus zu deinen Auftritten unterwegs: Fährst du lieber fort oder kommst du lieber heim?

Das ist eine schöne Frage, weil alle von Work-Life-Balance reden. Für mich hat die Zeit mit Kind und Kabarett gleichzeitig begonnen. Dadurch fühlt sich beides wie Work und wie Life an. Wenn ich zum Auftritt fahre, freue ich mich. Weil es was anderes ist. Und wenn ich heimfahre, freue ich mich, weil ich das Kind wiedersehe. Auf die Fahrt selbst freue ich mich nicht, weil ich die Zeit meistens für Büroarbeit nutzen muss.

Wie geht es nach der zweiten Babypause weiter?

Das ist heute mein letzter beruflicher Termin, nach der Geburt gibt’s drei Monate Auftrittspause. Ab Spätsommer werde ich klein wieder beginnen, ab Mitte November geht’s weiter mit Soloauftritten mit „Braves Kind“.

Und danach Teil zwei, „Brave Kinder“?

Das wäre aufgelegt. Aber ich hätte für mein nächstes Programm im Herbst 2025 Lust auf komplett andere Inhalte. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit.